Unternehmensstrafrecht

Verbandspersonen (juristische Personen, nicht rechtsfähige Vereine und Personengesellschaften) sind nach deutschem Recht im strafrechtlichen Sinne nicht deliktsfähig. Die §§ 14 StGB, 9 OWiG führen strafrechtlich lediglich zu einem Durchgriff auf diejenigen natürlichen Personen, die in verantwortlicher Stellung für die jeweilige Verbandsperson gehandelt haben. Quasi strafrechtliche Folgen von erheblichem Gewicht ergeben sich für die Verbandsperson aber im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts über die §§ 30, 88, 130 OWiG bei Verletzung von Pflichten, welche den Verbandspersonen oder Personenvereinigungen aufgegeben sind (nach dem EU-Rechtsinstrumente-AG gilt dies nunmehr auch für die GbR Außengesellschaft und die Partnerschaftsgesellschaft nach dem PartGG). Demnach können gegen diese Personen bzw. Vereinigungen bei Vorliegen einer vorsätzlichen Straftat Geldbußen bis zu einer Höhe 1.000.000 €, bei Vorliegen einer fahrlässigen Straftat bis zu einer Höhe von 500.000 € festgesetzt werden; und dies gemäß § 30 Abs. 4 OWiG auch unabhängig davon, ob die verantwortliche natürliche Person mit einer Strafe oder Geldbuße belegt wurde. Ausschlaggebend für die Inanspruchnahme der Verbandsperson ist allein, dass die in § 30 Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 OWiG genannten verantwortlich Handelnden eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, durch die Pflichten, welche die Verbandsperson oder Personengesellschaft treffen, verletzt wurden; hierzu gehören auch solche natürlichen Personen, die für die Leitung der Verbandsperson oder Personenvereinigung verantwortlich handeln; auch diejenigen, welche die Geschäftsführung überwachen oder sonstige Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausüben (Aufsichtsrat einer AG oder GmbH etwa).

Auch für Ordnungswidrigkeiten können Verbandspersonen durch Auferlegung einer Geldbuße zur Verantwortung nach diesen Grundsätzen gezogen werden. Hier können, soweit nicht der Regelrahmen von 1.000 € zur Anwendung kommt (§ 17 I OWiG), teilweise Bußgelder verhängt werden, die denen bei Vorliegen einer vorsätzlichen Straftat entsprechen oder diese sogar überschreiten (z.B. 1, 5 Mio Euro bei § 39 Abs. 4 WpHG).

Rechtsvorschriften, die die Verhängung direkter Sanktionen gegenüber Unternehmen - neben Geldbußen Zwangsgelder, Kautionsverfall, Leistungsausschluß, Zahlungskürzungen etc. erlauben, ergeben sich schließlich aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht (EGKS- bzw. EWG Vertrag).

Bedeutsam sind hier insbesondere Vorschriften zum Wettbewerbsrecht. Auf diesem Weg können den Verbandspersonen nicht nur Zuwiderhandlungen von so genannten Organmitgliedern, sondern auch Zuwiderhandlungen aller Beschäftigten zur Last gelegt werden. Auch Einziehungsmaßnahmen (hinsichtlich Gegenständen, die aus einer rechtswidrigen Tat herrühren oder ihr dienten) können über die §§ 75 StGB im Strafverfahren, über § 29 OWiG im Ordnungswidrigkeitenverfahren unmittelbar gegen bestimmte Verbandspersonen oder Personenverbände gerichtet werden, soweit eine wie oben ausgeführt verantwortlich Leitungsperson handelt. Strafverteidigung auf dem Gebiet des Unternehmensstrafrecht wird insoweit von großer wirtschaftlicher Verantwortung bestimmt. Im Idealfall ist sie beratende Tätigkeit im Hintergrund. Aufklärung im Vorfeld unternehmerischer Initiative vermeidet im besten Fall den Konflikt mit gesetzgeberischen Vorgaben, die insbesondere in Bereichen des sogenannten Nebenstrafrechts nicht immer leicht durchschaubar sind.